Du weißt sicherlich, dass ich ein Fan vom Feldrand bin. Der Feldrand ist die Schnittstelle zwischen Wildheit und Kultur. Ein schmaler Streifen der beides trennt. Nicht hier und dort zugehörig. Und das liebe ich.
Ich gehe gerne abends mit Mann und Hunden raus aufs Feld. Vor allem im Sommer, wenn das Korn eingefahren wird. Diese riesigen Maschinen, die alles erleuchten. Der Duft des Korns, der sich über das ganze Dorf legt. Eine magische Stimmung. Ich liebe die Geräusche am Feldrand, von den Grillen bis zur Feldlerche. Die Feldlerche ist übrigens der Vogel des Jahres 2019.
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Von Anfang an: Feldrand
Ich bin mit einem Feldrand aufgewachsen. In Polen geboren, war unser Wohnort sehr ländlich geprägt. Meine Oma war Bäuerin. So ne richtige. Selbstversorgung, Brunnenwasser, eine Kuh, 4 Schweine, etliche Hühner, ein Kornfeld und kein Klo oder Bad. So eine richtige polnische Babcia (Oma) mit Kopftuch. Selbst im Sommer trug sie Winterklamotten. Überm Fernseher hing eine Häckeldecke, den Film konnte man dadurch nicht richtig sehen. Die Klaräpfel waren ungenießbar. Im Brunnenwasser waren immer wenige Baumblätter mit drin und so klar, dass es mir wie Kristallwasser vorkam.
Gewaschen wurde sich in einer Emailleschüssel. Nachts schluf ich ihn einem Strohbeet und manch Maus kam mich besuchen. Es war nachts stockdunkel. So eine Dunkelheit habe ich nie wieder erlebt. Es war so dunkel, dass ich das Gefühl hatte meinen Orientierungssinn zu verlieren. Und diese Stille draußen in der Wildnis. Das war so eine Stille, dass es ganz laut wurde.
Und wehe man musste nachts aufs Klo. Da meine Oma kein Bad hatte, musste ich raus und dort mein Geschäft verrichten. Als ich die Taschenlampe draußen einschaltete sah ich ein Glitzern von tausenden Insekten, die wie Sterne herumschwirrten. Mein Hintern war nach dem Pippimachen völlig von Mücken zerstochen. Tagsüber ging man entweder in den Wald oder in den Hühnerstall – war halt damals so. Als ich gerade Pippi machen wollte bemerkt ich, dass mich alle Hühner beobachten. Also drehte ich Ihnen den Rücken zu.
Ansonsten… Schmalzfliegengeräusche. Die ganze Zeit im Bauernhaus. Ich lief gerne Barfuß rum und trat einmal in eine schöne, frische Kuhflade und freute mich als 4jährige Knöpfin, wie die Kacka zwischen den Zehen blubberte.
Morgens wurde ich immer von Düften geweckt. Ich erinnere mich an frische Pfifferlinge aus dem Wald mit Rühreiern. Dazu gab es eine Tasse frische Kuhmilch. Oder es wurden Blaubeeren gesammelt. Alle hatten blaue Hände. Bis heute sind Waldheidelbeeren meine liebsten Beeren. Manchmal hat die Oma dann „JAGODZIANKI“ gemacht – eine Art Hefemilchbrötchen mit Blaubeeren, welche man noch in frische Sahne getunkt hat. Es gibt nix besseres.
Die Mystik
Meine Oma war Selbstversorger. Der Schwerpunkt lag allerdings auf Korn. Ich erinnere mich noch, wie meine Oma und die Familie die Felder mit Sensen abernteten. Einen Traktor hatte damals keiner. Die Frauen haben dann das Korn aufgestellt, damit es trocknet. Ich habe in dieser Zeit Blumen am Feldrand beobachtet und Schmetterlinge eingefangen, um sie zu beobachten. Damals war das Korn riesig. Es hatte eine Höhe von etwa 1,50 Meter bis 2 Meter. Heute ist das Korn runtergezüchtet, damit es nicht mehr so leicht abknickt.
Ich hatte Angst in das Korn rein zugehen, weil Horrorgeschichten erzählt wurden. Von der Kornmuhme oder wie es in Polen heißt „Baba Jaga“. Die beiden Damen sind irgendwas zwischen Hexe und Frau Holle.
Die Kornmuhme ist eine riesige Frau mit langen Krallenfingern. Sie hat große Brüste, die merkwürdig aussehen, weil sie mit giftiger Milch oder Blut gefüllt sind. Sie hat zerlumpte Kleidung an und ein weißes Kopftuch. Mit sowas wächst man als Kind auf. Die Kornmuhme hat es nämlich auf Kinder abgesehen. Sie schnappt sich Kinder, die ins Korn gehen oder Kornblumen pflücken. Diese müssen das Gift aus ihren Brüsten trinken und sterben. Kurz: es ist barbarisch. Also hielt ich mich nur am Feldrand auf. Da war es eh schöner!
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Mein eigener Feldrand
Diese Zeit hat mich geprägt und da kam ich auf die Idee mir einen Feldrand in den Garten zu holen. Ich musste zuerst einen passenden Standort finden. Sonnig, trocken und nährstoffarm. Diese Bedingungen brauchen Feldrandblumen bzw. Ackerwildkräuter.
Diesen Platz habe ich direkt an der Scheune gefunden. Dort ist es vollsonnig, trocken und nährstoffarm. So sah es vor zwei Jahren an dieser Stelle noch aus:
Ziemlich traurig. Wir hatten damals den Holunder komplett zurück geschnitten und das Holz an der Stelle gelagert. Was auch gute Seiten hatte, denn wir hatten an dieser Stelle eine Holzbienenzucht. Die Stämme haben wir dann nach dem Auszug der Holzbienen in mein Schattenbeet gelegt für den Verfall.
Das Gras haben wir abgestochen und Rasenkantensteine verlegt. Dann haben wir das Beet ein Jahr so gelassen und regelmäßig Unkrautsamen zum Keimen gebracht und abgeharkt. Ich habe lange überlegt, welches Korn ich hier anbauen möchte. Nach meiner Recherche entschied ich mich für das Waldstaudekorn Roggen (Secale cereale). Dieses Korn ist ein richtiges Urrogen und wird bis zu 3 Meter hoch. Im Moment erreicht das Korn bei mir schon locker die 2,30 m. Das besondere an diesem Korn ist, dass es im Juni gepflanzt wird und erst im kommenden Jahr geerntet wird. Es ist also winterhart.
Und wie der Name es schon sagt, dass Korn wuchs früher in Waldlichtungen und das Wort „Staude“ ist nicht so irreführend. Das Korn wächst nach der Ernte wieder nach 🙂 Geerntet wird diesen Sommer.
Als das Korn feststand ging es darum Feldrandblumen zu besorgen. Ich habe meine Samen hier bestellt: FELDRANDBLUMEN
Vorbereitung des Beetes
Ich habe daher den Boden gelockert und gerade gezogen. Anschließend habe ich alle Samen in einen kleinen Eimer rein und Sand dazugetan. Es gibt so winzige Samen und der Sand erleichtert das gleichmäßige Ausbringen. Als die Samen ausgebracht waren, habe ich mit einer leichten Brause den Boden gegossen. Die Samen dann angedrückt und nochmals vorsichtig angegossen, damit keine Samen weggespült werden. Dann habe ich regelmäßig den Boden feucht gehalten. Der Boden sollte in den kommenden 2 Wochen nicht austrocknen.
Und heute sieht das so aus:
Mein eigener Feldrand – Ackerwildkräuter
Schauen wir uns die einzelnen Blüten im Feldrand mal an. Sie sind ganz anders wie die typischen Stauden. In ihrer Schönheit eigentlich kaum zu übertreffen.
Klatschmohn – Feldrand
Wer kennt nicht den Klatschmohn? Eine Pflanze, die so kurzlebig ist, aber in Gemeinschaft einen Eyecatcher der Natur erschafft. Wusstest du das jede Blüte 2,5 Millionen Pollenkörner bildet? Die Hummeln brummen bzw. vibrieren oft mit Absicht, um das Festmahl ab zugreifen.
Kornblume – Feldrand
Hier kommt der erste Kandidat der immer seltener wird. Die Kornblume. Unkrautvernichtungsmittel, aber auch Dünger führen zum Rückgang der Kornblume. Ich nenne sie übrigens die blaue Krone der Pflanzen.
Gewöhnlicher Natternkopf – Feldrand
Was mir am Natternkopf gefallen sind die unterschiedlichen Farben. In der Knospe hat der Natternkopf eine rote Farbe. Dann wird sie rosa und wenn sie sich ganz öffnet wirkt die Blüte Blau.
Kornrade – Feldrand
Als ich diese Blume im Feld entdeckte blieb mein Herz stehen. Ich habe noch nie eine so wunderschöne Blume gesehen wie die Kornrade. Sie sieht nicht spektakulär aus. Aber diese Farbe leuchtet! Es ist als ob Licht aus der Mitte der Blume rauskommt. Umgeben von Blütenblättern, die wie ein Stern aussehen. Sie ist selten und geschützt.
Roter Flachs – Feldrand
Diese Farbe! Dieses Rot! Es sticht förmlich einem im Auge, wenn man sich den roten Flachs betrachtet. Ich sehe ihn quer durch den Garten leuchten. Es ist rot wie Blut, die Lippen von Schneewittchen.
Flachs ‚Bright Eyes‘ – Feldrand
Noch so ein Eyecatcher… hast du schon mal so was schönes gesehen?
Dreifarbige Winde
Aber Achtung! Wir haben noch nicht die komplette Farbpalette ausgeschöpft. Schau dir mal die dreifarbige Winde an. Sie leuchtet ebenfalls aus der Mitte und zeigt genau, wo sie angeflogen werden möchte.
Wie das so ist
Wie das so ist, wenn man alten Gartenboden umgräbt. Irgendwie hat sich hier einiges dazwischen gemogelt. Es darf bleiben…
Hallo Natalie, das Feldrandbeet finde ich klasse. Leider habe ich dafür keinen Platz.
Ich bin zwar ein bisschen spät dran aber zu den unbekannten Blumen habe ich die Namen, falls du sie noch nicht hast:
Die Schönheit auf dem ersten Bild ist glaube ich eine Gefleckte Hainblume, auf dem 2. Foto ist ein Schwarzer Lauch, der zu den Zierläuchen gehört, die Löwenmaulähnlichen Blumen auf dem 6. Bild heißen denke ich Leinkraut.
Viel Spaß noch in deinem Garten.
LG Heike
Hallo liebe Heike, vielen Dank für deinen wertvollen Kommentar! Ich habe gerade die Namen ergänzt. Vielen Dank!
LG
Natalie Bauer / Wildes Gartenherz
Hast du eine fertige Samenmischung verwendet (Link?) oder selbst die Samen zusammengestellt?
Hallo Harry, steht im Beitrag. Ich habe eine fertige Samenmischung hier gekauft: https://www.mellifera.de/shop/feldschilder-saatgut/saatgut-kornrad-und-mohni.html
Liebe Natalie, was für eine stimmungsvolle Erzählung von Deiner Oma, dem einfachen Leben, der Baba Jaga und Deinen Kindheitserlebnissen! Ein Traum! Und dann die geniale Idee, selber einen Urroggen mit wunderschönen Feldrandblumen anzubauen. Das interessiert mich sehr! Darum habe ich Fragen: Hast Du den Roggen und die Blumen zur gleichen Zeit gesät (im Juni)? Und die Fotos sind dann erst im Folgejahr entstanden? Was hast Du mit dem Roggen und den Blumen nach dem Verblühen gemacht? Wie ging’s dann weiter mit dem Beet? Sind die Pflanzen mehrjährig? Huch, zu viele Fragen!? Ist echt spannend das Thema. Lg aus Salzburg, Christina
Und ja, Waldheidelbeeren liebe ich auch!
Hallo liebe Christina, vielen Dank für dein schönes Lob 🙂
Ich meine tatsächlich, dass ich beides im Juni ausgebracht habe. Das ging ganz gut. Das Foto ist im Folgejahr entstanden genau. Ich würde es aber beim nächsten Mal anders machen. Ich würde den Roggen im Juni einsäen und die Feldblumen dann im nächsten Jahr April. Ich glaube dann wird das Ergebnis noch besser. Also den Roggen haben dann die Hühner irgendwann gefuttert 😀 Ich hab alles im Beet einfach absterben lassen, damit sich alles von selbst aussät. Im Moment sieht es aus, als ob sich einiges versamt hat 🙂 Aber diese Ecke wird nochmals umgestaltet und später kommt das Feldrandbeet an eine andere Stelle.
LG
Natalie
Liebe Natalie,
ich hab immer gänse(blümchen)haut, wenn ich dein gartengeplauder lese. Danke dafür! Heute hat mich der Feldrand glücklich gemacht. Lg chris
Hallo Chris,
das freut mich 🙂 Und das Wort Gänseblümchenhaut find ich toll!
LG
Natalie